Auf Einladung der katholischen und evangelischen Christen besichtigten etwa 80 Muslime die evangelische Stadtkirche und St. Blasius. Im Marienheim kamen Muslime und Christen bei Tee und Gebäck ins Gespräch.
"Warum hängt da nur ein rotes Licht und nicht viele?", fragte Hasan (11) gestern bei der Führung in der Kirche St. Blasius und meinte das ewige Licht im Chor. "Und gibt es hier noch die Schränke, wo man beichten kann?", wollte eine junge Frau wissen.
Gestern Nachmittag hatten junge und erwachsene Muslime viele Fragen, als sie die Stadtpfarrkirche besichtigten. Ein Teil konnte beantwortet werden.
Pfarrer Harald Gehrig begrüßte die Männer und Frauen im Marienheim. Man wolle die Herzlichkeit aufgreifen, mit der man in der Moschee willkommen gewesen sei, spielte der Geistliche auf den Besuch der Katholiken in der Moschee an. Letztmals gab es 2007 eine Kirchenführung, zu der Muslime eingeladen waren.
Servet Sönmez, der Vorsitzende des Mevlana-Moschee-Vereins, überreichte an Pfarrer Gehrig und Pfarrerin Susanne Richter kleine Porzellan-Engel, die an die Putten erinnerten, die im Chorraum der Stadtpfarrkirche zu entdecken sind.
Harald Gehrig erläuterte den Besuchern die Krippe und die Weihnachtsbäume, die jetzt die Kirche schmücken. Beides ist in der Geschichte des Christentums ziemlich jung. "Das Kind in der Krippe gab es schon recht früh, meinte Gehrig, "aber Maria ist erst im Mittelalter dazu gekommen." Der heilige Josef als Vaterfigur komplettierte noch später die Heilige Familie. Der Weihnachtsbaum kam im 16. Jahrhundert in evangelischen Familien auf. Die roten Kugeln würden an die Äpfel des Paradiesbaumes erinnern.
Und die Geschenke, fragte eine Jugendliche. "Jesus Christus hat uns eine Freude gemacht, also machen wir uns gegenseitig auch Freude", meinte Harald Gehrig.
Die türkischen Besucher wollten wissen, warum es so viele Bilder in der Kirche gibt, was sie darstellen und wie hoch der Kirchturm sei. Auch warum Maria auf vielen Darstellungen einen Schleier trage, interessierte die Männer. Kopfbedeckungen gibt es in vielen Religionen, meinten sie.
Derweil untersuchten manche Besucher das Chorgestühl, wollten wissen, wie alt das Holz sei und wer in der Seitenloge Platz nehme. Sevval (7) gefiel der Altar "wegen den Blumen und den Kerzen". Metehan (10) und Yahya (8) wollten wissen, was hinter der goldenen Türe sei und zeigten auf den Tabernakel. Dass es etwas Wertvolles sein müsse, machte schon der prächtige Hochaltar deutlich.
Nach der Teepause im Marienheim zeigte Pfarrerin Susanne Richter den muslimischen Besuchern in der evangelischen Stadtkirche die Krippe mit den Egli-Figuren und den geschmückten Weihnachtsbaum. Kantor Christoph Mehner machte an der Orgel deutlich, dass bei den Protestanten die Musik einen hohen Stellenwert einnimmt. Gemeinsam gesungene beziehungsweise vorgesungene Weihnachtslieder rundeten den Nachmittag ab.
Text: Christina Kirsch
Fotos: Kurt Efinger